Alle sagen, wir müssen digitalisieren. Der Herdentrieb ist unübersehbar und unüberhörbar. Allein an Differenzierung mangelt es gewaltig. Denn was genau ist überhaupt mit Digitalisierung gemeint? Und führt Digitalisierung an sich wirklich zum Erfolg? Oder sind hier besondere erfolgskritische Faktoren zu beachten – und wenn ja, welche? Ein Versuch, sich diesen komplexen Fragestellungen zu nähern

 

Dass wir unsere Geschäftsmodelle und Abläufe digitalisieren sollten, ist in aller Munde. Im Zuge der COVID Krise hatte sich diese Thematik derart verschärft, dass manche Führungskräfte berichteten, dass kaum noch über etwas anderes geredet wurde. So haben wir z.B. eine enorme Ausbreitung von sogenannten kollaborativen Technologien in Unternehmen und Gesellschaft erlebt. Tools wie beispielsweise Microsoft Teams oder Zoom und viele Web basierte Technologien werden nun ohne größere Vorbehalte von Unternehmen eingesetzt und  ihre Nutzung gefördert.  

 

Doch einige Fragen werden häufig übersehen: was genau bedeutet eigentlich digitalisieren? Und warum sollten wir das tun? Schließlich die nicht ganz unbedeutende Frage: was hat das Ganze eigentlich mit mir zu tun? 

Zunächst zur Bedeutung: Der Ursprung liegt, wie so oft, im angelsächsischen Bereich. Hier wurde erstmals im Jahr 1954 der Begriff der digitization verwendet. Erstmalig nur als Verb digitize. Spätestens seit Mitte der achtziger Jahre wurde dann der Begriff Digitalisierung in Deutschland abgeleitet und verwendet. 

 

In der Technik spricht man von analogen und digitalen Signalen. Die Umwandlung von einem analogen in ein digitales Signal ist dann die Digitalisierung. Am plastischsten ist dies nachvollziehbar, wenn man sich die Entwicklung in der Musik vor Augen führt: das analoge Tonsignal auf einer Vinyl Schallplatte wurde in das digitale Signal zunächst auf einer CD umgewandelt und heutzutage in Form einer ebenfalls digitalen Datei.  

Der Begriff der Digitalisierung wird im Englischen, also als digitalization, von einigen Unternehmen so vom oben erwähnten Begriff der digitization abgegrenzt, dass es bei digitalization nun um die Transformation von Geschäftsprozessen oder gar ganzen Geschäftsmodellen geht.  

 

 

Insofern geht es hier um eine Begriffserweiterung: ging es vorher ausschließlich um die Umwandlung analoger Technologie in digitale Technologie (eine enorme Errungenschaft!), so geht es nun darum, auf Basis digitaler Informationstechnologie ganze Geschäftsprozesse sowie ganze Geschäftsmodelle vollständig umzuwandeln 

Es geht darum, sich neu vorzustellen, neu zu konstruieren und zu bewerten, wie wir ein Geschäft betreiben. Analog kann man für die ganze Gesellschaft argumentieren, was auch bereits umfassend geschieht.  

Am besten lässt sich das an einem Beispiel erläutern: SAP News erklärt es so: you would digitize a document or a report, but you would digitalize your organizations data collection process and workflows.  

 

Damit ist schon einmal klar, dass immer dann, wenn wir von Digitalisierung reden, als Basis immer auch Technologien digitalisiert werden müssen. Letzteres Thema ist eine ganz eigene Debatte: Man denke nur daran, dass digitale Technologien nicht nur entwickelt sein müssen, sondern auch die Arbeitsabläufe von Menschen und Organisationen produktiv verbessern sollten. Hier liegt noch ein langer Weg vor uns, man denke nur an die vielen durch mangelhafte Internetverbindungen stellenweise kaum hörbaren oder gar unterbrochenen Webkonferenzen, Trainings und Meetings im Onlinebereich. Große Fortschritte wurden in diesen Bereichen dennoch bereits erzielt: so hat sich die Anwendung etwa von Microsoft Teams mehr als versechsfacht in nur einem einzigen Jahr.  

 

Doch Digitalisierung meint offensichtlich viel mehr als allein digitale Technologien. Es geht darum, ganze Arbeitsabläufe, ganze Geschäftsprozesse und sogar ganze Geschäftsmodelle in eine digitale Form zu bringen, basierend auf digitaler Technologie. 

 

Hier prallen wirklich zwei Welten aufeinander. Zum einen sind Entwicklungen absehbar, die unsere Welt wirklich auf den Kopf stellen: global agierende digitale Player wie zum Beispiel Amazon, Alphabet (die Muttergesellschaft von Google) oder auch Tesla wendeten und wenden digitale Technologien in für sie neuen Geschäftsabläufen und Geschäftsmodellen an, was für die sogenannte Disruption sorgt und diese neuen Geschäftsprozesse und -modelle sehr erfolgreich vermarkten bzw. absehbar, dass sie dies erreichen werden. 

Hier denke man beispielsweise an Amazon Care, die online Arzt Termine möglich machen oder die Microsoft Initiative Mesh, die es ermöglichen wird, die auf gemeinsam Server Plattformen und über Applikationen wir Microsoft Teams besprochenen geschäftlichen Initiativen, Prozesse und Produkte in einer Augmented Reality etwa als Hologramm gemeinsam zu besprechen. Es ist etwas anderes, wenn eine Führungskraft einer anderen einen kürzlich entwickelten Report als geteiltes Dokument auf Teams zeigt, oder ob beide gemeinsam auf ein virtuelles Hologramm schauen, bei dem die zum Beispiel Säulen eines Diagramms nun in 3-D Technik aus dem Boden eines virtuellen Raums ragen – und sie selbst vielleicht auch. Aufmerksame Zuschauer von Science-Fiction Film Filmen fühlen sich erinnert.  

 

All diese Entwicklungen werden ohne Zweifel große Möglichkeiten in der Zusammenarbeit unabhängig von Ort und Zeit eröffnen. Ähnlich wie bei der Entwicklung von Smartphones bin ich mir sicher, dass wir diese Entwicklungen viel früher als erwartet in unserem Arbeitsalltag wiederfinden werden.  

Die entscheidende Frage für Unternehmen ist jedoch, welche Auswirkungen diese neuen Möglichkeiten auf Fach- und Führungskräfte haben und haben werden. Denn jede Wirkung nach außen, z.B. neue Service- und Vertriebsprozesse und -Vorgehenweisen erfordert zunächst das „Buy-in“, so dass sie nachvollziehen können und davon überzeugt sind, was neu ist und was es bringt. So dass sie ihre Abteilungen und Teams auf die Reise mitnehmen können. 

 

Da wir nun geklärt haben, was Digitalisierung eigentlich ist, stellt sich nun die Frage, warum wir digitalisieren wollen. Viele mögen diese Frage für überflüssig oder sogar lächerlich halten. Aber gerade deshalb ist sie so wichtig: der „Reason Why“ ist entscheidend für die Akzeptanz.  

 

Die Antwort liegt sicher zum einen in der oben genannten Bedrohung durch neue Player, die bereits sehr erfahren in Digitalisierung sind und nun drohen, das eigene Terrain zu erobern. Im Coaching spricht man immer von zwei grundlegenden Motivationen: das eine ist die sogenannte „hin-zu“ Motivation und das andere die „weg-von Motivation“.  

Aus der Anlage- und Geldtheorie wissen wir, dass der Mensch sich immer viel schwerer damit tut, Verluste zu ertragen als mögliche Gewinne zu verpassen. Wir alle tun uns sehr schwer mit dem Verlust und gehen bei der Veränderung auf faszinierende Weise immer wieder durch die Veränderungskurve, die bereits im Zusammenhang mit dem Verlust von Menschen und Trauer entwickelt worden ist. 

Daher ist meine These, das Organisationen sich nur dann bewegen, wenn sich die Menschen in der Organisation bewegen. Menschen bewegen sich vor allen Dingen dann, wenn sie von etwas weg wollen. Wir wollen weg von negativen Einflüssen, und drohendem Verlust: des eigenen Unternehmens, des wörtlichen (G&V) Verlustes, der eigenen (Macht)position oder des eigenen Einflusses, eventuell sogar des eigenen Arbeitsplatzes in der Form, wie er jetzt besteht. Ein starker digitaler Wettbewerber kann durchaus als Risiko wahrgenommen werden, dass es zu begrenzen, wenn nicht zu vermeiden gilt. 

 

 

Gleichzeitig gibt es auch Menschen, die eher chancenorientiert denken, möglicherweise zwei oder drei Schritte in die Zukunft. Dies ist eine „hin-zu“ Motivation. Aber hin zu was genau?  

Zum einen gibt es die Möglichkeit, das Bestehende immer wieder zu optimieren. Die Frage, wann wir an dem Punkt angelangt sind, an dem das Bestehende möglicherweise durch etwas ganz Neues ersetzt werden sollte, stellt ganze Gedankenparadigmen in Frage.  

Hierzu muss man sich nur einmal vor Augen führen, dass Volkswagen beispielsweise erst kürzlich drauf und dran war, zum führenden Player für Elektroautomobile zu werden.  

Weiterhin sollte die Frage gestellt werden, wie es zu dieser Situation kam. Wenn gleichzeitig drohende Disruption seitens des Wettbewerbs sowie eine umfassende Veränderung von gesellschaftlichen, politischen und gesetzlichen Rahmenbedingungen Entwicklungen begünstigt, wie etwa „weg vom Verbrenner und hin zu alternativen Antrieben“, dann bleibt oft keine andere Wahl als die Flucht nach vorne. Und die kann äußerst erfolgreich sein! 

 

Die Schwierigkeiten entstehen oft dann, wenn beim Einsatz neuer Technologien und bei der Umstellung von Prozessen und Geschäftsmodellen auf diese neuen Technologien die Frage der Akzeptanz durch die betreffenden Menschen vernachlässigt oder gar ignoriert wird 

 

So ist beispielsweise bei der Einführung von auf digitaler Technologie basierenden Self Service Systemen beispielsweise im Bereich des Einsatzes von Zahl- und Kreditkarten, nicht nur für die Zahlung, sondern auch im Gesundheitswesen von entscheidender Bedeutung, zunächst einmal klar zu formulieren, welche Vision mit dem Einsatz dieser neuen Technologien verfolgt wird, welche Ziele mit welchen Ressourcen (Zeit, Arbeitskraft, Budget) verfolgt werden und wie die Umsetzungsplanung aussieht. 

 

Schon im Change Management Modell von Kotter haben wir gesehen, dass jeder strategische Managementschritt einen parallelen Schritt im Führungsbereich hat: z.B. ist es absolut kritisch, in der Managementphase der Planung gleichzeitig den Mitarbeitern und Führungskräften entsprechende Orientierung zu geben und sie auf die Reise mitzunehmen. Wenn ich also beispielsweise auf digitale Zahlungsmodelle setze, dann ist es entscheidend, beim Aufsetzen eines entsprechenden Piloten vorab die wichtigen Achsen und Schnittstellen in Person der betreffenden Fach- und Führungskräfte auszumachen und proaktiv einzubinden.  

Doch Einbinden heisst nicht nur kommunizieren, sondern auch: über vorgeschlagene Änderungen zu entscheiden und die angenommenen Änderungen auch umzusetzen.  

 

Im Gegensatz dazu sind m.E. die Chancen einer Digitalisierung im Sinne von digitalen Geschäftsprozessen und Geschäftsmodellen in Form einer Top Down Planung – also von der Unternehmensleitung initiiert und dann von allen anderen Einheiten „nach Vorgabe“ weiter spezifiziert – extrem begrenzt. Zu oft wird jedoch bei der Einführung eines Business Cases immer noch lediglich ein kleines Feedback bei den involvierten Personen eingeholt und dann immer noch Top-Down, von „oben nach unten“, vom Projektmanagement die Umsetzung vorangetrieben.  

 

Eine Gegenstromplanung mit Feedback per Rücklauf von Seiten der betreffenden Personen „weiter unten“ in der Hierarchie würde nicht nur die Erfahrungen im operativen (Umsetzungs)Bereich frühzeitig einfließen lassen, sondern auch gleichzeitig Akzeptanz und Engagement proaktiv fördern.  

Darüber hinaus geht es immer noch zu häufig darum, dass Bestehende einfach nur zu verbessern, also immer weiter zu optimieren, ähnlich den Beispielen oben. Natürlich kann ich mit digitalen Technologien etwa im Bereich Kreditkarten-Akzeptanz z.B. für Einzelhändler einen Self Service einrichten. Dies kann ich auch durch den Einsatz von Technologien unterstützen, die automatisiert die vom Kunden genannten Schlagwörter und Fragen erkennen und entsprechende Lösungsmöglichkeiten vorschlagen. Doch das Entscheidende ist, dass die grundlegenden Abläufe die Gleichen sind. Sicher, die Prozesse werden dahingehend variiert, inwiefern Teile der Prozesse automatisiert oder auf Self Service umgestellt werden können. Dies geschieht auch bereits schon sehr erfolgreich.  

 

Doch wenn man den Pfad der Digitalisierung zu Ende denkt, stellt sich doch eine ganz entscheidende Frage: Wird auch in Zukunft beispielsweise ein Einzelhändler nach wie vor die Kreditkartenzahlungen seiner Kunden so wie in der Vergangenheit annehmen wollen – oder spielen hier bereits völlig andere Transaktionsmöglichkeiten eine Rolle? So hat noch vor einem Jahr kaum einer auf der Rechnung gehabt, wie stark etwa die Stellung des von Kryptowährungen wie etwa des Bitcoin werden würden. Ohne hier auf die aktuellen volkswirtschaftlichen Treiber dieser Entwicklung eingehen zu können, kann doch der Einsatz von Kryptowährungen am Zahlungsverkehr, wie es beispielsweise bereits Anbieter wie PayPal oder sogar Finanzhäuser wir Morgan Stanley praktizieren, beziehungsweise in Planung haben, durchaus andere Möglichkeiten der Zahlung seitens der Endkunden eröffnen bzw. aktiv fördern. Und wie ist es etwa um die Fragestellungen im Rahmen des Geldwäschegesetzes bestellt, wenn Zahlungen anonym per Kryptowährung ausgeführt werden?  

 

Der Grund, warum ich diese Gedankengänge hier ausführe, liegt nicht darin, diese hier fachlich zu vertiefen. Es geht um die Denkweise, um zu tragfähigen Lösungen für große Herausforderungen zu kommen. Es kann durchaus sinnvoll sein, nicht nur über die Optimierung des Bestehenden nachzudenken, sondern zunächst zu überlegen, welche Anforderungen Kunden und eigene Fach- und Führungskräfte an die digitalen Geschäftsmodelle, Prozesse und Technologien haben. Um dann zu überlegen, wie man diesen Bedarf bedienen kann. Dies erfordert eine Denkweise, bei der wir zunächst an den Output denken, also an das, was erreicht werden soll.  

Darin sollte in einem Abstimmungsprozess Einigung erzielt werden. Und erst im Nachgang, wie wird das Ziel erreichen, also den Input: das, was wir dafür tun müssen, welche Ressourcen wir dafür brauchen etc. 

Schon 1988 veröffentlichten William Samuelson und Richard Zeckhauser mit ihrem Artikel Status Quo Bias in Decision Making einen echten Meilenstein. Kurz gesagt, fanden sie in einer Studie heraus, dass wir Menschen stark dazu neigen, unseren Status Quo als Basis für die Bewertung von Chancen und Risiken von Innovationen zu betrachten. Was von vielen anderen Arbeiten auch als Verlassen der Komfortzone beschrieben wurde, hat – in Chancen und Risiken gesprochen – geht noch darüber hinaus: Es geht darum, dass wir im Zweifel den Status Quo vorziehen 

 

Dies zeigt sich oft auch darin, dass in Entscheidungsvorlagen etwa für Vorstände und Geschäftsführer oder auch Abteilungsleiter von Beratungsunternehmen oft gar nicht der Status Quo als Alternative aufgezeigt wird. Doch dieser ist durch aus immer eine Alternative: Es sollte immer bewertet werden, bei jeder Entscheidung, welche Chancen und Risiken der derzeitige Zustand bietet. Oft bietet er so wenige Chancen und so hohe Risiken, dass es ausser Frage stehen sollte, eine völlig neue Option zu wählen. Doch genau hier greift die oben genannte Bias. Der gegenwärtige Zustand, der auf der Entscheidungsvorlage fehlt, wird dann oft als „die bessere Wahl“ gesehen. So wird der Status Quo dann einfach weiter optimiert. Das ist deutlich einfacher und bequemer aus Sicht des Entscheidungsträgers, als sich auf Basis von Anforderungen – etwa von Kunden und Gesetzgeber – zunächst zu überlegen, welche zukünftige Lösung diesen Anforderungen gegenübergestellt werden sollte. Denn diese Lösung hat möglicherweise mit dem aktuellen Status Quo gar nichts mehr zu tun. Sie ist möglicherweise auch gar keine Weiterentwicklung des aktuellen Status Quo. Das umgekehrte Denken vom Ziel her rückwärts wäre oft deutlich effektiver. 

 

Hierdurch erhöht sich nun entscheidend das Risiko, dass Digitalisierung, die wir nur deshalb betreiben, um bereits Bestehendes weiter zu optimieren unser ganzes Geschäftsmodell ruinieren kann. Denn unser Geschäftsmodell hat sich möglicherweise bereits von selbst erledigt. Es ist aus einer Zeit, in der eine andere Technologiebasis vorhanden war. Wenn ich beispielsweise im Versicherungsbereich einen wirklich virtuellen Vertrieb erreichen will und Verkäufer und Käufer in einen virtuellen Raum stellen will, dann reicht es nicht aus, beiden Seiten endlose schriftliche Dokumente mit komplexen AGB und rechtlichen Bedingungen zur Entscheidung zu stellen. Vielmehr könnte dieser virtuelle Raum viel besser dazu genutzt werden, für den Käufer bestehende Risiken zu visualisieren, komplexe Diagramme als Hologramm in 3-D Format viel schneller fassbar zu machen und gemeinsame Möglichkeiten zur Deckung der identifizierten Risiken ebenfalls in virtueller Form zu erfassen. 

 

Wenn ich die virtuelle Zusammenarbeit durch Digitalisieren verbessern will, reicht es dann, die bisherigen analogen Meetingabläufe mittels digitaler Technologien zu „digitizen“, also nur die Technik auf digital umzustellen? Das geschieht derzeit, indem einer dem anderen seine einzeln erarbeiteten Ergebnisse nun nicht im Meetingraum am Videobeam erläutert, sondern per Filesharing über eine Kollaborationsapp wie Teams, Zoom o.ä.  

Oder sollte ich besser die Chance nutzen, auch den ganzen Prozess der Ideenentwicklung zu digitalisieren, dann als „Digitalization“? Etwa durch für das Unternehmen neue Methodiken? Das könnte beispielsweise zu dem Gedanken führen, on demand, also auf Anfrage, einen Moderator für ein wichtiges Meeting zuzuschalten. Oder statt Zahlenkolonnen zu „präsentieren“, diese im Vorfeld in grafischer Form zusenden und im Meeting direkt in einen kreativen Lösungsfindungsmodus zu kommen. Oder Lösungen durch Managementtechniken wie Mindmapping oder Root Cause Analysis (Ishikawa Diagramm o.ä.) gemeinsam an einem entsprechenden online Tool in einer Web Session zu entwickeln. 

Oder Informationen darüber, wen man in welchen Fällen und zu welchen Themen fragen kann und wie die Abläufe sind, nicht in überkomplexen Hilfemenüs zu „verstecken“, sondern grafische Darstellungen zu Verantwortlichkeiten und redaktionell strukturiert aufbereitete „Informationsbäume“, zu bieten, etwa durch Component Content Management Systeme (CCMS), die auf flexiblen Komponenten basieren. 

All dies ist möglicherweise bereits in der Entwicklung, aber darauf kommt es hier auch gar nicht an: es geht darum, Fach- und Führungskräfte in Organisationen proaktiv mitzunehmen. Es geht darum, die Arbeit mit neuen Technologien so zu gestalten, dass der Mensch seine Kernkompetenz entscheidend ausspielen kann: seine Intelligenz und seine Kreativität. 

Oft wurde die Pandemie zwar dazu genutzt, dringend notwendige verpasste Schritte nachzuholen, wie etwa Ausstattung mit Laptops (obwohl selbst hier manchmal Mitarbeiter eigene PC einsetzen müssen und damit Datenschutzrisiken produzieren können), VPN Verbindungen (die noch immer oft viel zu langsam sind und Web basierende Technologien nicht wirklich ersetzen) oder die beschriebenen Kollaborationstools wie z.b. Chat Software. Aber: damit haben wir nur aufgeholt und noch keinen Schritt nach vorne gemacht. Die anfängliche Euphorie weicht schnell einer neuen Routine, die Motivation erlahmt wieder, Fach- du Führungskräfte klagen über die ständigen Videokonferenzen. In denen, das nur am Rande, oft genau die alten Arbeitsabläufe wie beschrieben wiederholt werden. Und noch besser: zu der enorm gestiegenen Anzahl und Dauer von Videokonferenzen sind nach der Pandemie die traditionellen Meetings und Konferenzen vor Ort wieder hinzugekommen.  

 

Wie viel effektiver wäre es für uns alle, wirklich 2-4 Schritte nach vorne zu denken, und im obigen Beispiel zu überlegen, wie wir den ganzen Kreativprozess, etwa in Strategiemeetings, in Workshops usw. den neuen Anforderungen anpassen können? Damit meine ich nicht, im online Workshop Scrum, Six Sigma, Agile usw. einzuführen, denn diese Techniken sind per se nicht digital, auch wenn sie zur Entwicklung von Software eingesetzt werden, diese Techniken gab es schon vor den Anforderungen der Digitalisierung.  

Wir könnten z.B. als Zahlungsdienstleister überlegen, ob und ggf. wie wir Kryptowährungen integrieren können. Wir könnten durch digitale Technologien damit experimentieren, wie wir das Gesagte in einem Meeting automatisiert transkribieren zu lassen, um Kollegen einzubringen, die nicht dabei sein konnten – und dennoch die Anforderungen des Datenschutzes einhalten. Wir könnten durch Einbindung der Mitarbeiter im Kundenkontakt diesen die Chance geben, freiwillig (!), ein Feedback zu ihrer Gesprächsführung durch on demand Trainer einzuholen, um ihre Ergebnisse und Zufriedenheit entscheidend zu verbessern.  

Wir glauben, Restriktionen wie Datenschutz, Akzeptanz oder technische Ausrüstung der Kunden würden uns blockieren. Doch genau hier liegen oft die Chancen, diese Aspekte gerade zu verbessern: die vermeintlichen Blockaden können unsere Leitplanken werden, um unseren Lösungen die notwendige Qualität zu geben: Kreativität im Home Office fördern statt Kontrollzwang durch Unsicherheit über die Performance am Arbeitsplatz. Mehr Einbindung für Mitarbeiter, die effektiveres Führen erlaubt. Schnellere Einführung von Innovationen durch einen Kreativprozess on demand und mehr Markterfolg. Die Liste der Möglichkeiten ist endlos. 

 

Entscheidend für erfolgreiche Digitalisierung ist es, sozusagen rückwärts zu denken: zunächst an das, was von den Marktkräften angefordert wird, und zwar in der Zukunft, nicht heute. Um dann daraus abzuleiten, was heute zu tun ist. Um diesen Anforderungen eine Lösung entgegenzustellen. In die Lösungsfindung sollten dann im Rahmen einer Gegenstromplanung die Führungs- und Umsetzungsebenen eng eingebunden und deren Feedback auch geprüft und ggf. umgesetzt werden.  

 

 

Meine Frage an Sie, liebe Leser ist: welche Meinung haben Sie, inwiefern dieses Denken von der Seite der möglichen Anforderungen her heute unter Fach- und Führungskräften vorhanden ist? Inwieweit es von Unternehmen gefördert wird? Fördert Ihr Unternehmen dies aktiv? Teilen Sie Ihre Gedanken mit mir; lassen Sie uns dieses Gespräch fortsetzen. Sie können mich gerne per E-Mail unter info@jmoellerconsulting.com kontaktieren oder mich unter +49 881 39464046 anrufen. Gemeinsam können wir eine Zukunft gestalten, in der Digitalisierung nicht nur eine Strategie ist, sondern eine Denkweise. 

 

Herzlichst Ihr  

Jens Möller